Südburgenland

Wieviel Südburgenland bringt man unter in gerade mal 4 Tagen? So wie es aussieht erstaunlich viel. Über das Freilichtmuseum Ensemble Gerersdorf habe ich hier bereits berichtet. Über unseren Ausflug zu den Kellervierteln in Heiligenbrunn hier. Nach Heiligenbrunn waren wir am selben Tag noch in Eberau und auf einen Sprung in Ungarn. Und weil wir schon in der Nähe waren auch nochmal beim Kirchenrest mit dem traurigen Erbe, der Martinskirche bei Deutsch Schützen. Am letzten Tag waren wir dann noch in Neumarkt an der Raab und haben einen Kunsthandwerksmarkt und die Ölmühle besucht.

Auch die neue Reihe hier am Blog, Von Tür zu Tür, hatte zuletzt einen eindeutigen Burgenland-Schwerpunkt mit den Kellertüren in Heiligenbrunn und den diesen Beitrag hier ergänzenden Portalen.

Eberau

Beeindruckend an Eberau ist die Ortsanlage mit dem grünen Anger und der fast vollständig geschlossenen Bebauung zu beiden Seiten. An einem Ende des langgestreckten Angers ist die Zufahrt, am anderen Ende die Kirche und daneben der Weg zum Schloss.
Nicht der einzige Storch den wir gesehen haben.
Das Schloss ist Privat. Und wirklich gut verdeckt. Scheint allerdings eine recht interessante Anlage mit Wassergraben zu sein.
Nach einem wirklich vorzüglichen Eis vom Anger wieder vor zur Dorfstraße und rechts Richtung nahegelegene ungarische Grenze.

Entlang der ungarischen Grenze

Allzusehr unterscheidet sich der Baustil auf der anderen Seite der Grenze in Ungarn auch nicht. Nicht verwunderlich, war das Burgenland doch bis 1921 ungarisch. Nach dem Vertrag von St. Germain wurde Deutsch Westungarn Österreich zugesprochen, das Burgenland entstand.
Überwiegend katholisch ist man zu beiden Seiten der Grenze, diese Heiligenfigur befindet sich bereits wieder auf der österreichischen Seite.
Ein Überbleibsel aus Zeiten, als hier die Grenze zwischen Westen und Ostblock verlief. Und ein Todesstreifen zwischen einstmals benachbarten Dörfern lag. Mit Verwandten zu beiden Seiten der Grenze.
2021 haben wir auf der Fahrt nach Szombathely an einem etwas weiter nördlich gelegenen Grenzübergang diese Ruine einer alten Zollstation aus k.u.k. Zeiten gesehen. Die Lage im Todesstreifen bekam dem Gebäude nicht gut.
Auf Heiligenstatuen trifft man dafür immer wieder.

Die Martinskirche

Nahe des Ortes Deutsch Schützen liegt die Martinskirche. Beziehungsweise was davon übrig ist. Denn das heute inmitten von Feldern aufragende Bauwerk ist eigentlich der gotische Chor der ursprünglichen Kirche. Die romanische Kirche von um 1200, die um 1400 gotisch erweitert und umgebaut wurde, verfiel seit dem 18. Jahrhundert zusehends. Die letzten Reste einschließlich des 1945 eingestürzten Turms und Kirchendachs wurden bis auf den dann abgemauerten Chor nach dem 2. Weltkrieg abgetragen. Dabei diente die Kirche lange noch als Pfarrkirche für den 800m entfernt gelegenen Ort. Die dortige Pfarrkirche entstand erst in den 1930er Jahren.

Die Schützenorte, von denen es mehrere gibt, sind Grenzwächtersiedlungen, die zur Sicherung der ungarischen Grenze errichtet wurden. Ursprünglich war der davor Perwolff genannte Ort ebenfalls um die im 17. Jh. als Wehrkirche bezeichnete Martinskirche gelegen. Nach einer Zerstörung 1274 wurde er in der nahegelegenen Niederung wieder aufgebaut. 1971 durchgeführte Grabungen förderten außerdem einen spätrömischen, bis um 400 n. Chr. belegten Friedhof um und unter der Martinskirche zutage.

2021 waren wir erstmals bei der Martinskirche. Allerdings erst spät am Abend, als es bereits dämmerte.

Deutsch Schützen Weinberg

Oberhalb des eigentlichen Ortes Deutsch Schützen ist der Ortsteil Deutsch Schützen Weinberg gelegen. Diesmal waren wir nicht dort, aber 2021. Und sind durch die kleine Siedlung gestreift, entlang der vielen Kellerstöckl. Die so ganz anders aussehen als die zumeist älteren in Heiligenbrunn.

Zwischendrin auch mal ein neueres Kellerstöckl. Schätzungsweise aus den 1970er oder frühen 1980er Jahren.
Als Abschluss dann doch lieber wieder eines der älteren Kellerstöckl.

Vitaquelle

Zwischen Gerersdorf und Güssing liegt der Gerersdorfer Ortsteil Sulz. Und jedesmal, wenn wir durch den Ort gefahren sind, und wir sind oft durchgefahren, fand ich diesen klassizistischen Kopfbau an dem offensichtlichen Lagergebäude so faszinierend. Die Diskrepanz zwischen dem tatsächlich nach frühem 19. Jahrhundert aussehendem Gebäude und Anbau aus dem eher späten 19. Jahrhundert, das eine in bester Bäderbautradition und schon fast schlossartig, das andere typisch Lagerhalle. Und offensichtlich so sinnbildlich, dass es auch für die Ortsbegrüßung dient.

Das unter Denkmalschutz stehende Original und ein Modell der Säulenreihe als Ortsbegrüßungstafel.
Nochmal aus einem besseren Winkel.
Aus der anderen Richtung gesehen.

Der Komplex gehört zum Firmengelände der inzwischen eingestellten Güssinger Mineralwasser GmbH (hier ein Wikipedia-Artikel dazu). Die neuen Produktionshallen sind nicht besonders ansehnlich und haben es auf kein Foto geschafft. Und der klassizistische Kopfbau sieht nicht nur aus wie ein Kurbad, er war auch Teil einer Kur- und Badeanlage. Nämlich das über einer Mineralquelle errichtete Quellenhaus. Erbaut um 1815 zeitgleich mit der Umgestaltung des direkt gegenüber gelegenen Kastell Festetics in vorgenannte Kur- und Badeanlage. Damals erschien auch erstmals der Name Vitaquelle für die bereits seit längerem bekannte Quelle. Funde während der Umbauarbeiten deuten darauf hin, dass die Mineralquelle mindestens seit römischer Zeit bekannt war. Der Badebetrieb blieb auch nach dem Tod der Gründerin Judith Gräfin Festetics von Tolna trotz mehrmaliger Besitzerwechsel das gesamte 19. Jahrhundert hindurch aufrecht und wurde erst 1904 nach erneutem Besitzerwechsel wegen der schlechten Erreichbarkeit mit der Bahn aus Richtung Wien eingestellt. Die Mineralwasserabfüllung hingegen wurde erst 2019 nach einigen weiteren Besitzerwechseln und einer Insolvenz aufgegeben.

Das Quellenhaus von 1815 mit seinem Portikus mit 6 Säulen.

Bei jedem Mal daran vorbeifahren habe ich über den Kopfbau gelächelt, der so gar nicht zur übrigen Firmenarchitektur zu passen schien. Irgendwann einmal habe ich zufällig den Blick entlang der dicht bewachsenen anderen Straßenseite streifen lassen. Und da, durch eine Lücke im Bewuchs erkennbar, waren sie wieder, die 6 Säulen. Zwar ohne Dreiecksgiebel, aber doch so ähnlich, dass man den Eindruck bekommen könnte, hier das Vorbild für die Säulenfassade des Kopfbaus vor sich zu haben. Dürfte auch gar nicht so falsch sein, denn diese 6 Säulen gehören zum um 1800 ursprünglich als Herrschaftssitz erbauten Kastell Sulz bzw. Festetics, das dann von seiner Besitzerin, der Witwe des Grafen György Festetics de Tolna als Teil einer Badeanlage umgebaut wurde. Lange leerstehend und bereits ruinös, wird das ebenfalls unter Denkmalschutz stehende klassizistische Gebäude seit ein paar Jahren von Privat revitalisiert.

Die zum gegenüberliegenden Quellenhaus orientierte Fassade des Kastell Festetics.

Seit ich um diese baulichen und geschichtlichen Bezüge weiß finde ich das Ensemble noch faszinierender. Und erfreue mich bei jedem Mal vorbeifahren daran 🙂

Dieser Beitrag enthält nun Fotos unserer Südburgenland Aufenthalte von 2021 und 2023. Damit wäre ich so ziemlich am Ende unserer kleinen Burgenland Reihe. Einen Beitrag zu meiner Reihe über Türen und Portale hätte ich noch, dann ist vorerst mal Schluss mit Burgenland.

2 Kommentare zu „Südburgenland“

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