Von Takayama zu unserer nächsten Station, nach Kanazawa, sind wir mit dem Bus gefahren. Zwischen den beiden Orten liegt eine Bergkette, und in einem Tal mittendrin ist Shirakawa-go. Das Tal des Flusses Sho bzw. Shogawa (wobei -gawa eben Fluss bedeutet) liegt zwischen hohen Berghängen und war bis in die 1950er Jahre nicht nur total abgelegen und sehr schwer erreichbar, sondern ist nach wie vor eine der schneereichsten Regionen Japans. Wenn man glauben darf was ich gelesen habe, dann reden wir hier von bis zu 10m Schneefall jeden Winter, mit 2m hohen Anhäufungen. Das hat zu einer ganz eigenen Bauweise geführt, nämlich den bereits im Hida no Sato Freilichtmuseum gesehenen gassho-zukuri Häusern mit den steilen strohgedeckten Dächern. Nur dass es sich bei Shirakawa-go nicht um ein Freilichtmuseum handelt, sondern um ein lebendiges Dorf mit etwa 1600 Einwohnern. Ein kleines Freilichtmuseum gibt es zwar auch, auf der anderen Flussseite beim großen Touristen-Parkplatz, aber die Attraktion ist das Dorf. Eines von 3 Dörfern in der Präfektur Gifu und der benachbarten Präfektur Toyama, die unter dem Titel „Historic Villages of Shirakawa-go and Gokayama“ seit 1995 eine UNESCO Weltkultererbestätte bilden.

Das Flusstal ist eng, die angrenzenden Berge mit steilen Hängen bis zu 1500m hoch. Über 95 Prozent der Fläche ist bewaldet. Siedlung und Landwirtschaft teilen sich die wenigen flachen Flächen in Flussnähe. Landwirtschaft heißt in diesem Fall Reisanbau, daneben in ähnlich geringer Menge Buchweizen und Hirse. Das Leben war karg und hart, der Anbau reichte gerade fürs eigene Überleben. Zuverdienst kam in Form von Japanpapier (washi), anscheinend auch Salpeter für Schießpulver, und vor allem die Seidenraupenaufzucht. Letzteres kann bis ins 16. Jahrhundert zurückverfolgt werden, wirklich etabliert als Nebenverdienst hat sich die Serikultur im späten 17. Jahrhundert. Und blühte bis in die 1970er Jahre, ist nun aber gänzlich verschwunden. Der Bedarf an großen Innenraumflächen für die Seidenraupenfächer und auch für die Lagerung der Maulbeerbaumblätter führte dann auch zum gassho-zukuri-Baustil mit den mehrgeschossigen Dächern und dem Raumgewinn dadurch. Der Name kommt übrigens von der Dachform, bedeutet gassho doch „zum Beten zusammengelegte Hände“. Der Baustil ist dann auch in ganz Japan einzigartig und wirklich nur auf diese kleine Region in diesem schmalen Flusstal beschränkt.

Die malerische Lage der ebenso malerischen Häuser führte bereits vor der Weltkulturerbeverleihung zu Tourismus, inzwischen leben etwa 70% der Bewohner vom Tourismus. Wobei es sich zumeist um Tagestouristen handelt, die im Schnitt nur 2 bis 3 Stunden im Dorf verbringen. Und nur wenige 1000 Yen ausgeben. Da es wenige lokale Produkte gibt, wird das meiste zugekauft und weiterverkauft, die Wertschöpfung aus dem Tourismus ist also nicht sonderlich groß. Hinzu kommt, dass der Tourismus langsam aber sicher das Gesicht und Wesen des Dorfes verändert. Nicht nur, dass jeden Tag viele Fremde überall herumstreunen, sondern auch weil immer mehr Parkplätze und Läden und Jausenstationen entstehen und somit das Bild des ruhiges landwirtschaftlichen Dorfes nicht mehr gegeben ist.

Und genau solche Tagestouristen, die einen Zwischenstopp von zweieinhalb Stunden einlegen und dann weiterfahren, waren wir dann auch. Es hörte sich gut an, Bus von Takayama nach Kanazawa mit Zwischenstopp zur Besichtigung von Shirakawa-go. Was es bedeutet und wie sehr das Dorf überrannt wird wurde uns erst dort so richtig bewusst. Und selbst das Geld ausgeben war schwierig, waren wir doch aufgrund der frühen Abfahrtszeit unseres Busses bereits recht früh dort und viel noch geschlossen. Und dann sofort so voll und die Zeit am Ende doch zu knapp. Immerhin eines der Häuser haben wir besichtigt und immerhin dort unseren Beitrag in Form des Eintrittstickets geleistet. Mit sehr gemischten Gefühlen sind wir wieder abgefahren.

Kurz vor Ankunft fing es an zu regnen, und mit unzähligen anderen Touristen aus mehreren Bussen haben wir uns dann gut beschirmt vom Parkplatz über die Hängebrücke auf die Dorfseite des Busses gekämpft. Danach verlief es sich zum Glück einigermaßen.
















Im ganzen Dorf immer wieder aufgefallen sind uns diese Bäume mit den großen orangen Früchten mit glatter Schale. Kurze Recherche ergab, dass es sich um Kakibäume (Diospyros kaki) handelt. Die Kaki genannten Früchte haben unreif einen hohen Tanningehalt, der durch die späte Reifung oder Frost schwächer wird. Wirklich reif sind die Früchte dann im Spätherbst, wenn der Baum schon fast alle Blätter verloren hat. Auch solche Kakibäume haben wir vom Zug aus gesehen. Im Hotel in Kanazawa gab es am Frühstücksbüffet geschnittene Früchte, die mit Persimmon bezeichnet waren. Persimone ist eine Zuchtform der Kaki, hier wurde jedoch anscheinend die englische Bezeichnung für Kaki verwendet.



Damit kann ich meiner kleinen Reihe an japanischen Bäumen und Astrids schöner Sammlung „Mein Freund der Baum“ einen weiteren Baum hinzufügen.


Und dann waren unsere etwas mehr als zwei Stunden auch schon um. Wieder zurück über die Hängebrücke zum Parkplatz, und in einem Mix aus Sonne und Regen sind wir abgefahren Richtung Kanazawa. Was wir dort so gemacht haben, gibt es in mindestens einem weiteren Beitrag.


Die traditionellen japanischen gelben Gummienten hab‘ ich interessant gefunden.
Und alles Andere noch viel mehr.
Danke!
Wir auch 😊
Liebe Grüße, heike