Der Abstand zwischen den Berichten und dem tatsächlichen Reisefortschritt wird immer größer. Während wir in diesem Beitrag noch immer in Takayama sind, haben wir bereits Kanazawa und Nara bereist und sind inzwischen den 3. Tag in Kyoto. Es gibt aber auch einfach so viel zu sehen und zu berichten. Wobei ich selbst feststellen muss, dass das Verhältnis Text zu Fotos schon mal ein anderes war. Inzwischen geht das mit dem Fotos hochladen aber auch sehr viel komfortabler als bei den letzten Reisen. Lange dauern tut auch das Fotos hochladen, nicht nur das texten. Es wird also weiterhin hinterhergehinkt. So haben wir wenigstens alle noch lange was von der Reise, auch wenn sie dann zwar zeitlich vorbei ist, im Blog aber noch nicht 😉
Einen ausführlichen Bericht zu den verschiedenen Hausformen und auch zu diversen Handwerkstechniken, also zu vielem was wir im Hida Folk Village gesehen haben, wird es im nachhinein von zuhause aus noch geben. Zumindest so der Plan. Denn da war wirklich viel zu sehen und zu lernen. Ganz auf später verschoben soll der Besuch des Freilichtmuseums aber auch nicht werden. Deshalb nun die Kurzfassung. Sofern man die Anzahl der Fotos kurz nennen kann.
Hida ist die historische Bezeichnung einer Provinz, die bereits vor der Nara-Zeit, also vor 710, bestand und die heutigen Städte Hida und Takayama sowie den Großteil der Stadt Geru und das Dorf Shirakawa umfasst, also den Nordteil der heutigen Präfektur Gifu. An der Westseite des Hida-Gebirges bzw. der japanischen „Nordalpen“ gelegen, ist die Gegend sehr schneereich. Was sich auch in der Baustruktur niederschlägt, wie noch zu sehen ist. Die Gegend war immer sehr abgelegen und schwach besiedelt. Und doch war der Waldreichtum der Provinz von Anfang an eine Hauptquelle für das Bauholz in anderen Provinzen. Und die Meisterschaft der Zimmerleute aus Hida war derart, dass es am Hof von Nara eine Hofstelle des Hida-no-nakumi gab, die aus zwei Handwerkern aus Hida bestand. Haben wir aus Texten im Freilichtmuseum gelernt, gibt es aber auch auf Wikipedia im englischen Artikel zur Hida Province nachzulesen (der deutsche ist ein bisschen arg kurz). Im Hida no Sato Folk Village sind also Bauten aus all den verschiedenen Bereichen der historischen Provinz Hida vertreten. Und obwohl das Gebiet nicht riesig ist, sind die Baustile unterschiedlich, zumindest was die Dächer und ein paar Details angeht. In anderen Bereichen sind sich die Häuser durchaus ähnlich.
Übersichtsplan des Freilichtmuseums. Es sind etwa 30 Gebäude auf dem Gelände verteilt. Der erste Anblick beim Betreten des Geländes ist der kleine See und die Baugruppe auf der gegenüberliegenden Seite. Und hier haben wir zum erstenmal auch einen Hauch von Herbstfärbung gesehen. Während zuhause in Graz die Blätter bereits bunt verfärbt waren und teilweise schon von den Bäumen fielen, ist die Natur in Japan einige Wochen hinterher. Das Freilichtmuseum liegt auf über 647m Höhe über dem Meeresspiegel in den japanischen Alpen, da setzt die Laubfärbung etwas früher ein als in den Niederungen in Zentral-Honshu.Sehr interessant finde ich auch die oft nur ästeweise Verfärbung beim japanischen Ahorn. Man kann sich für ein Foto auch in japanische Überjacken und Hüte kleiden. Wir haben uns aber lieber auf den Weg gemacht, neugierig was es denn so zu sehen gibt.Bei all den Holzhäusern sind und waren Feuerwehrgerätschaften natürlich auch sehr wichtig. Dieses Bauernhaus stammt aus der Kiyomi Region westlich von Takayama. Die Sparren sind stärker als in anderen Gegenden, weil sie bis zu 2m Schnee aushalten müssen. Die schwache Neigung des Daches macht Schnee vom Dach schaufeln einfacher. Irgendwie drängte sich bei uns die Assoziation mit Tirol auf. Haus Arai, 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts.
Und hier waren wir dann plötzlich im Burgenland, wegen der „Gredn„. Links das vorherige Haus, rechts eines mit anderer Dachkonstruktion. Das rechte ist ein typisches Bauernhaus aus dem alten Takayama aus dem frühen 18. Jahrhundert. Die Sparren und Latten sind mit Strohschnüren zusammengebunden.
Und schon sind wir wieder in Tirol, oder? Nicht ganz, aber es ist dann doch interessant, dass Menschen in ähnlichen klimatischen Gegenden zu ähnlichen Konstruktionen gelangten. Wie hier mit Holzschindeln und darübergelegten, durch Steine beschwerten Stangen. Die Schindeln in dieser Region waren zumeist aus Kastanienholz oder aus japanischer Thuja (thuja standishii). Das Zentrum der Bauernhäuser auch hier ist das Herdfeuer. In Japan das versunkene Herdfeuer, also in der Erde. Der Rauch steigt auf und konserviert die Schindeln für eine Haltbarkeit von 20 Jahren und länger. Die Schindeln werden dann umgedreht und die Haltbarkeit nochmal um etwa 20 Jahre verlängert. Haus Tanaka
Bis etwa zur Mitte des 18. Jahrhunderts bestand der Boden in den Bauernhäusern aus festgestampfter Erde. Holzboden gab es wenn überhaupt nur in kleinen Bereichen. Tatamimatten kamen erst später. Um das Herdfeuer herum saß man jedoch sehr wohl auf Strohmatten. Übrigens werden im Freilichtmuseum jeden Tag morgens die Herdfeuer angezündet, um die Kondition in den Gebäuden weiterhin beizubehalten. Die Häuser waren und sind sehr dunkel, das Herdfeuer war in den Wintermonaten oft die einzige Lichtquelle. Die einzige Wärmequelle sowieso. Und japanische Wände sind dünn, auch in den Bergen. Seien es dünne Holzwände oder ähnlich dünne Holz-Lehm-Wände. Und die „Fenster“ sind papierbespannte Schiebeläden. Was in den Fotos immer so weiß leuchtet, sind die papierbespannten Fenster. Durchsicht und Aussicht ist bis heute noch nicht das gewünschte Konzept bei Fenstern japanischer Häuser, haben wir so den Eindruck angesichts all der genörpelten und mattierten Fenster.
Dieses Haus ist eines der sogenannten Gassho-zukuri Häuser. Die Dachneigung ist etwa 60 Grad steil, damit der Schnee gut abrutschen kann. Die Holzkonstruktion wurde von Zimmerleuten gefertigt, während das Dach von der Dorfgemeinschaft errichtet wird, die etwa 4 Tage dafür benötigt hat. Diese Dächer bestehen aus Stroh und halten etwa 40-60 Jahre. Diese Haus hier stammt aus der Shokawa Region und wurde laut einer Inschrift 1797 erbaut. Typisch sind die Gassho-zukuri-Häuser vor allem für Shirakawa. Die in der dortigen Region noch vorhandenen sind großteils als Unesco Weltkulturerbe eingetragen. Vor allem für diese Häuser ist es wichtig, dass täglich das Herdfeuer brennt. Denn es sorgt für moderate Feuchtigkeit und hält Ungeziefer fern. Andererseits ist natürlich auch die Brandgefahr immer gegeben. Haus Wakayama
Gewohnt wurde in diesen Häusern trotzdem nur im Erdgeschoss. Die Dachgeschosse wurden vor allem für die Lagerung und für die Seidenraupenzucht verwendet. In der Bergregion war Ackerland rar, so dass die Bauern Zuverdienst benötigten. Und den gab es durch die Serikultur. Wie genau das vor sich ging, das gibt es dann ausführlicher im versprochenen späteren Beitrag.
Dick ist die Strohschicht ja schon. Und wenn ich endlich wiedergefunden habe, welche Art Stroh verwendet wurde, wird das hier noch nachgereicht.Auch von innen ist die Dachkonstruktion interessant. Und alles mit Seilen gebunden.Diese Konstruktion mit den Dachgauben ist eher ungewöhnlich bis einzigartig und sollte mehr Licht und Luft bringen. Haus Hozumi, frühes 19. Jahrhundert.Haus Michikami, frühes 19. Jahrhundert. Dieses Bauernhaus stammt von der nördlichsten Ecke der Provinz Hida und ähnelt schon mehr den Bauernhäusern der angrenzenden Provinz. Im Gegensatz zu den meisten anderen Bauernhäusern im Museum hat dieses auch eine offene Veranda, stand also in einer nicht ganz so harschen Region. Ungewöhnlich auch, dass seitlich der untere Dachbereich abgeschnitten wurde, um mehr Licht und Luft für die Seidenraupenzucht zu haben. Am bemerkenswertesten finde ich ja die famose Bemoosung des Daches.Das Haus Michikami nochmal von der Seite, die abgeschnittene seitliche Dachkante gut sichtbar. Im Vordergrund links Haus Tomita.Ein Lagerhaus.Und dann gab es natürlich auch einen Schrein. Einen kleinen Schrein mit einer bemerkenswerten Decke.
Von Künstlern aus der Umgebung mit floralen Motoven verziert.
Und auch sonst im Museumsareal verteilt weitere Stationen der Frömmigkeit.Außerdem eine MühleTiere im Stall (im Gegensatz zum oberpfälzischen Freilandmuseum, in dem es tatsächlich ein paar lebende Kühe und anderes Getier gibt, ist dieser Ochse hier aus Holz).Weitere FortbewegungsmittelUnd sogar einen alten Kinder- oder Puppenwagen.Auch Reisfelder gibt es. Im Hintergrund Haus Nishioka, Mitte 19. Jahrhundert. Darin war die Ausstellung zur Serikultur.Ein Kurumada, ein rundes Reisfeld. Diese Form gibt es nur noch an 2 Orten in Japan.
Und weil sie so schön waren, gibt es jetzt noch ein paar mehr bunte Ahornblätter.
Zum Abschied gibt es nochmal den gleichen Blick wie anfangs, nur diesmal mit Sonne. Ab und zu hat sie sich ja doch blicken lassen.
Astrid stellt in ihrer schönen Reihe „Mein Freund der Baum“ diesmal auch den japanischen Ahorn vor. Wie passend, deshalb dürfen all die buntbeblätterten japanischen Exemplare sich nun auch dazugesellen. Und ich habe noch ein paar weitere Exemplare in petto. Nicht nur was den Ahorn angeht, auch andere Bäume.