Nicht zum ersten Mal und ganz sicher auch nicht zum letzten Mal haben wir das Freilichtmuseum Ensemble Gerersdorf besucht. Wir waren sogar zwei Mal im Abstand von nicht einmal 3 Wochen dort. Und als hätte ich nicht schon mehr als genug Fotos gemacht, sind natürlich auch diesmal wieder etliche entstanden. Es gibt aber auch einiges zu entdecken. Dabei ist das Ensemble gar nicht so groß. Aber neben einigen wenigen typischen burgenländischen Häusern und Kellerstöckeln gibt es auch etliche Handwerkerhäuser und sehr viel landwirtschaftliches Gerät zu bestaunen. Und in einem Zeitalter, wo sich auch in der Landwirtschaft und im Handwerk vieles sehr schnell wandelt, finde ich diese erhaltene Vielfalt ziemlich toll. Wünschen würde ich mir allerdings, dass die Gerätschaften und ihr Zweck besser beschrieben wären. Da das Museum jedoch von einem sehr engagierten privaten Verein betrieben wird, war bisher vermutlich einfach nicht genug Geld für eine solche Aufarbeitung da. Immerhin ist es dem Museumsgründer und dem Verein zu verdanken, dass überhaupt diese Fülle an Gebäuden und Gerätschaften erhalten ist.
Zu verdanken ist dieses Freilichtmuseum dem Wiener Grafiker Gerhard Kisser. Dieser fand bei seinem ersten Besuch im Südburgenland 1970 am Fuße des Gerersdorfer Riegelberges das letzte strohgedeckte Haus der Ortschaft, inklusive erhaltener Rauchküche. 1972 wurde dieses Haus inklusive Grundstück erworben, nach und nach folgten weitere Grundankäufe. Fasziniert von der südburgenländischen bäuerlichen Architektur sollten kulturgeschichtlich wertvolle Holzblockbauten hierher übertragen und vor dem allerorten immer mehr um sich greifenden Verfall gerettet werden. Ab 1973 wurden Wochenenden und Urlaube in den Dienst der Sache gestellt, die ersten Gebäude abgebaut und in Gerersdorf wiedererrichtet. Dank freiwilliger Helfer und einiger Strohdachspezialisten konnte bereits 1976 das damals aus 6 Gebäuden bestehende „Ensemble Gerersdorf“ der Öffentlichkeit präsentiert werden. Seither wuchs das „Ensemble Gerersdorf“ stetig weiter und wurde zum größten Freilichtmuseum des Südburgenlandes. 1996 schließlich übertrug der Gründer Gerhard Kisser das Museum dem Verein „Freunde des Freilichtmuseums Ensemble Gerersdorf“. Dieser hat sich sowohl die Erhaltung und den weiteren Ausbau als auch die Pflege pannonischen Kulturgutes zur Aufgabe gemacht.
Die meisten südburgenländischen ländlichen Bauten bestehen aus Holz, Lehm und Stroh. Die händisch zugehauenen Baumstämme sind mit Strohhäcksel vermischtem Lehm verputzt und wer es sich leisten konnte auch gekalkt. Die Strohdächer bestehen aus Roggenstroh und haben eine Lebensdauer von etwa 20 Jahren. Wie der Lehmputz wirken sie temperaturausgleichend. Und wer jetzt meint eine Verwandtschaft zu ungarischen ländlichen Bauten zu erkennen liegt gar nicht falsch, war das Burgenland doch bis 1921 ein Teil Ungarns.
Es war wirklich schwer die Fotos auf ein einigermaßen vernünftiges Maß zu beschränken, gibt es doch so viele interessante Sachen zu sehen und entdecken. Am besten selbst hinfahren und ansehen. Gerersdorf liegt nahe Güssing im Südburgenland.
Verlinkt mit den Fotowalks bei blitzeria.eu
ach ja, sehr gerne würde ich dort hinfahren…
spannende bilder hast du mitgebracht mit schönen details (der kleine blumenstrauß verzaubert mich richtig!) und einblicken in die bäuerliche kultur dieser region.
toll, dass es immer wieder privatleute gibt, die mit herz, freude, energie, viel zeit und geld diese häuser und gegenstände retten und so anderen vermitteln, wie das leben in früheren zeiten aussah. da ich nur freilichtmuseen in norddeutschland kenne, sind die häuser für mich neu und fremd anzuschauen, während sich die einrichtungsgegenstände doch sehr ähneln.
liebe grüße
mano
Die ländliche Architektur im Südburgenland ist noch sehr ursprünglich, finde ich. Blockbohlen, lehmverputzt, Strohdach. So sahen die bäuerlichen Bauten in Mitteleuropa im Mittelalter bis in die Frühe Neuzeit hinein vielerorts aus. Manchmal statt Blockbohlen Fachwerk oder in steinreichen Gegenden auch Mauerwerk, aber sonst recht ähnlich. Im Burgenland hat sich dieser Bauernhaustypus bis heute erhalten. Der Grundriss unterscheidet sich etwas, da es keine Gangerschließung gibt, sondern alle Räume von außen über die Gredn oder manchmal auch über die Rauchkuchl erschlossen werden.
Oh, Hausforschung, vor allem Bauernhausforschung ist schon ein spannendes Feld.
Liebe Grüße, heike
Schöne Bilder und spannende Informationen. Interessant zu sehen, dass bei manchen Gebäuden nur die Ritzen verputzt waren. Wie fein, dass ihr im Urlaub gleich Nachbarn des Freilichtmuseums seid! Liebe Grüße, Gabi
Erst beim durchsehen der Fotos sind mir diese verschiedenen Stadien so richtig bewusst geworden. Der Stadel mit den unverputzten Blockbohlen und der mit den abgedichteten Ritzen. Während Speicherbauten lehmverputzt waren. Und die Wohnhäuser sowieso. Kalkanstrich kam anscheinend erst recht spät und dann auch nur wer es sich leisten konnte.
Ja, die Nähe ist fein, da kann man immer mal wieder hinüber spazieren. Es kam auch schon vor, dass Besucher des Museums im Garten standen und fragten ob das noch dazu gehört, obwohl es nicht am Plan verzeichnet ist 😊
Liebe Grüße heike
Auch wenn es nicht ganz so viele Häuser sind, ist es doch ein sehr feines Freilichtmuseum. Die Häuser sehr detailliert eingerichtet, da gibt es wirklich viel zu schauen und zu staunen.
Liebe Grüße,
Claudia
Bei jedem Besuch entdecke ich wieder Neues. Und man merkt, wieviel Liebe und Energie von den Betreibern in das Museum gesteckt wird.
Liebe Grüße, heike
Ein sehr schöner Flecken Erde!
Das erinnert mich gerade daran, dass ich mit meinen Eltern früher öfter mal im Freilichtmuseum Bad-Windsheim war, wenn wir gerade mal wieder von meinen Großeltern nach Hause gefahren sind. Hast mir allein dadurch ein kleines Lächeln ins Gesicht zaubern können – Danke!
Viele Grüße,
Christopher
Oja, Bad Windsheim, da waren wir auch öfter. Das letzte Mal ist auch schon ein bisschen her. Und du würdest dich wundern wie viel da im letzten Jahrzehnt dazu gekommen ist. Da kommen bei mir auch gerade schöne Erinnerungen 😊
Liebe Grüße, heike