Venzone liegt nahe des Kanaltals am Eingang in das Canale del Ferro, das Eisental, in der nordostitalienischen Region Friaul-Julisch Venetien. Will man von Graz nach Italien, kann man entweder über Slowenien oder über Kärnten fahren. Nimmt man wie wir bei unserer Fahrt nach Ferrara die Route über Kärnten, kommt man unweigerlich durch das Kanaltal. Venzone liegt also am Weg und bietet sich für einen Zwischenstopp regelrecht an.
Die Lage am Eingang der Alpentäler führte bereits in vorchristlicher Zeit unter den Kelten zu einer Ortsgründung. In römischer Zeit war der Ort eine Station an der Via Julia Augusta, die von Aquileia nach Norikum, ins heutige Österreich, führte. Noch einige Völker mehr folgten, unter den Karolingern dann Hinweis auf einen Ortskern und 923 Ersterwähnung als Clause de Abintione. Ab 1077 stand der Ort unter dem Patriarchat von Aquileia und zeitweise mehrerer Lehensherren. Die Kontrolle des Handelsverkehrs führte zu Wohlstand und 1247 zur Erhebung zum Stadtstaat. 1258 wurde die Stadtbefestigung in Form einer doppelten Ringmauer samt tiefem Graben errichtet. Mit der Eingliederung in die Republik Venedig 1420 und der Verlagerung der Handelswege auf andere Routen begann der Niedergang. Nach der Eroberung durch französische Truppen 1797 kam es etwas später unter österreichische Herrschaft, bis es 1866 dem neugegründeten Königreich Italien eingegliedert wurde. (Quelle: Wikipedia)
Der aufkommende Adria-Tourismus nach dem 2. Weltkrieg spülte aufgrund der günstigen Lage an der Route auch wieder Geld in die Kassen von Venzone. Außerdem wurde der inzwischen zur Provinz Udine gehörende Ort 1965 zum Nationalmonument erklärt.
Doch dann kam das Erdbeben. Das erste Beben Anfang Mai 1976 traf Venzone schwer, die vollständige Zerstörung von Altstadt, Dom und Befestigungsmauern schaffte dann ein Nachbeben Mitte September des selben Jahres. Der Wiederaufbau danach erfolgte nicht wie vom Baubüro der Gemeinde vorgeschlagen in Fertigteilelementen, sondern wie von der zu einem Bürgerkomitee zusammengeschlossenen Bevölkerung gefordert. Die Häuser wurden nicht einfach ersetzt, sondern so weit wie möglich wurden Mauerreste wieder mit verbaut. Mit Hilfe zusammengetragener Fotos des Ortes wurden die herumliegenden Trümmer identifiziert, zugeordnet und möglichst wieder wie zuvor verbaut. Man entschied sich, die wiederverwendeten Teile unverputzt zu belassen und nur die neu herzustellenden Teile dazwischen bzw. drumherum zu verputzen. So ist bis heute sichtbar, wie viel oder wie wenig alte Bausubstanz zum Wiederaufbau wiederverwendet werden konnte.
Besonders gut sichtbar ist diese Vorgehensweise auch beim dem Heiligen Apostel Andreas geweihten Dom. Der Ursprungsbau wurde 1300 begonnen und 1338 geweiht. Von den ursprünglichen Fresken sind nur noch Fragmente vorhanden, die Wände zeigen alle Wunden des Erdbebens. Gerade diese Narben und die Schlichtheit verleihen dem Inneren eine ganz spezielle Atmosphäre, wie ich finde.
Noch ein paar Impressionen aus dem Ort. Der hartnäckige Wiederaufbau hat sich übrigens gelohnt. 2017 wurde Venzone in die Liste der Borghi più belli d’Italia, der schönsten Dörfer Italiens, aufgenommen.
Nach diesem kurzen Zwischenstopp ging es weiter nach Ferrara. Demnächst also noch mehr Bella Italia.
Lila Fahrrad, voll deins! 😂 Spannend, wie sie so viel Altes wiederverwendet haben. Liebe Grüße, Gabi
Zartlila nämlich 😉 Ich fand den Wiederaufbau des Ortes generell spannend. Und von der Kirche bin ich begeistert, ich kann die Atmosphäre gar nicht beschreiben, die muss man erleben.
LG heike