Nach über 24 Stunden unterwegs sind wir wieder in heimischen Gefilden angekommen. Und haben sogar den recht knapp kalkulierten Direktzug nach Graz erwischt. Zum Glück. Mit 30kg Gepäck war die Lust endenwollend, 2-3x umzusteigen. Und das hätten wir mit den Verbindungen die nächsten Stunden danach müssen. Die ÖBB-Welt hat uns wieder, Ade japanisches Zugnetz.
Und auch, dass man im Zug nicht telefonieren soll und die Handys auf Silentmode stellen, und auch, dass sich alle dranhalten, wird schmerzlich vermisst. Seit in Wien Hbf eine einstieg, die sich mit ihrem Gegenpart lang und breit über die Unterwäsche ihres Sohns unterhält. Es hat auch seine Vorteile gehabt, von den Gesprächen nichts zu verstehen 😉
Berichtigung: Das mit der Ruhe gibt es auch in österreichischen Zügen, zumindest in einigen Wagons. Da steht dann Ruhezone. Und in so einem sitzen wir doch tatsächlich. Weshalb die nächste Dauertelefoniererin dann vom Schaffner auch höflich aufgefordert wurde, ihr Gespräch abzubrechen oder im anderen Wagon fortzusetzen. Na sowas.
So. Mit den Berichten sind wir ja lange noch nicht zu Ende. Es wird hier also schon noch neue Beiträge geben. Nicht gleich wieder lesen aufhören. Und auch das mit den Bildern wird sich noch bessern, da kommen noch welche nach.
Also, wo waren wir stehen geblieben. Miyajima war das letzte. Danach haben wir noch einen Nachmittag und eine Nacht in Osaka verbracht, auch davon war bereits die Rede. Danach ging es vom südwestlichen Teil Honshus über Tokyo etwas nach Nordosten. Nach Nikko. Mit 3x Umsteigen. Shinkansen zu Shinkansen war schon die erste Herausforderung, da die Shinkansen nach Norden von einem komplett anderen Gleisabschnitt fahren. Mit eigenem Gate. Dann in Utsunomya umsteigen in den Lokalzug. Aber immer noch Japan Rail. Es gäbe von Tokyo auch eine Direktverbindung ohne Umsteigen nach Nikko. Das hätte jedoch nicht nur extra Fahrpreis bedeutet, sondern auch einen Bahnhofswechsel. Die direkte Strecke wird nämlich von Tobu betrieben, und deren Züge fahren von einem anderen Bahnhof. So toll das Streckennetz in Japan ist, so kompliziert scheint es auch manchmal. Da oft unterschiedliche Betreiber, sind nämlich relativ oft beim Wechsel auf eine andere Strecke nicht nur die Gleise zu wechseln, sondern auch die Stationen. Also auch mal rauf oder runter und raus und über die Kreuzung oder ums Eck und wieder rein und runter oder rauf. Mit Tagesgepäck aber alles machbar. Wir hatten nach Nikko jedoch unser ganzes Gepäck dabei. Das inzwischen auf über 20kg angewachsen war. Da war die Freude dann groß, auf Gleis 2 anzukommen. Hieß nämlich, das Gepäck ohne Rolltreppe ca. 40 Stufen Übergang rauf und auf der anderen Seite wieder runter zu schleppen. Und da wir dann zwar in Nikko waren, unser Quartier jedoch noch mal 17km weiter am Ufer des Chuzenji Sees lag, hatten wir noch eine Busetappe vor uns. Mit extrem schmalem Einstieg mit mehreren Stufen. Und keinem Platz für das Gepäck. Hat ein bisschen gedauert, bis wir drin waren. Und alle inklusive Busfahrer haben sich das ganze Schauspiel ruhig gegeben. War aber auch ein Schauspiel. Mir entfuhr nämlich ein lauter Fluch, als ich die engen Stufen sah. Und das gilt in Japan als schlechtes Benehmen. Man zeigt öffentlich keine Emotionen. Angeblich noch nicht mal beim Trauern. Und hilft auch niemandem, wenn er sich schwer tut. Auch nicht der alten Frau, die beim nächsten Stop einstieg und mit ihren zwei schweren Einkaufstaschen ähnlich lang wie wir in den Bus brauchte. Hat laut unseren Erklärbüchern einerseits etwas damit zu tun, dass jeder für sich selbst verantwortlich ist. Und andererseits damit, dass man dann in der Schuld des Helfenden oder auch Sitzplatz anbietenden stünde, und das keiner will, weil man ja die Schuld nicht zurückgeben kann, und um den Leuten das zu ersparen, bietet man erst gleich keine Hilfe an. Und setzt sich, und wenn der Wagon noch so voll ist, erst gar nicht auf die Priority-Sitze für Alte und Schwangere. Wirklich mehrmals so erlebt. Aber wir haben auch ganz viel Hilfsbereitschaft erlebt in Japan. Also, wie immer mit den Klischees, Ausnahmen bestätigen die Regel.
So auch mit dem Englisch. Angeblich wird das in Japan nämlich nicht besonders oft und überall gesprochen. Mag vielleicht daran liegen, dass wir fast immer nur in Städten und am Land eigentlich gar nicht unterwegs waren, aber dass gar niemand zumindest ein paar Brocken Englisch konnte, haben wir kaum erlebt. Zugegebenermaßen, für ein Gespräch oder sinnverstehendes Erklären hat es dann meistens doch nicht gereicht. Aber an allen Bahnhöfen und Infoschaltern haben wir immer jemanden mit gutem Englisch erwischt. Und auch so immer wieder. Ratlos an der Bushaltestelle, weil der Bus, den wir brauchten, nicht nach Fahrplan fuhr, aber der, der gerade kam, zumindest in die Richtung. Erklärte uns in super Englisch ein mit uns Einsteigender, erfragte das als Bestätigung nochmal für uns beim Busfahrer und gab uns an der richtigen Haltestelle auch das Signal zum Aussteigen. Oder in Kyoto die Bushaltestelle suchend und erstmal in die falsche Richtung los. An einem uns etwas hinterherschimpfenden alten Mann vorbei. Erster Gedanke: Ah, einer von denen, die keine Ausländer mögen. Weit gefehlt, als wir den Fehler bemerkt haben und wieder vorbei kamen, haben wir ihn dann auch verstanden, er wollte wissen, wo wir hin wollen und hat uns dann die Richtung zur Bushaltestelle gezeigt. Was wie Bellen klang, war eine freundliche Hilfe. Und ich bin in mich gegangen und habe meine Vorurteile revidiert. Es waren erstaunlich oft alte Männer, die an Kreuzungspunkten von Sehenswürdigkeiten standen und freudig Richtungen und Wegzeiten in holprigem Englisch erklärten.
Heike