Eine der Inseln in der Inlandsee vor
Okayama ist Naoshima. Seit die Benesse Corporation (die eigentlich
anders hieß, ich hab vergessen wie, und ihren Namen auf Benesse
geändert hat) die Insel für ihr Benesse Art Site Projekt ausgewählt
hat, hat sich die Insel zu einer der größten Touristenattraktionen
der Gegend entwickelt. Vorher hatte man mit Niedergang der ansässigen
Industrie und des Fischfangs und sinkenden Einwohnerzahlen zu
kämpfen. Nun sind auch auf einigen der angrenzenden Inseln bereits
Kunstprojekte zu finden. Zum Beispiel auch auf Teshima, dessen
Teshima Art Museum mit seinem gewölbten Kuppelraum mich sehr
interessiert hätte, aber das ging sich schon allein wegen der
Fährzeiten an nur einem Tag gemeinsam mit Naoshima einfach nicht
aus. Grummel.
Aber Naoshima haben wir geschafft. Und
das allein war toll genug.
Von Okayama sind wir mit dem Lokalzug
nach Uno gefahren und von dort mit der Fähre nach Naoshima
übergesetzt. Der Ankunftsort heißt Miyanoura. Dort gäbe es auch
das eine oder andere zu sehen, zum Beispiel das Bad-Kunstprojekt I
Heart Yu. Oder man fährt gleich mit einem der lustig gepunkteten
Busse weiter.
Die Benesse Art Site liegt ein paar Kilometer entfernt
ganz im Süden der Insel. Auf dem Weg dahin liegt an der Ostseite der
Insel noch der kleine Ort Honmura. Dort ist das Art House Project zu
finden. Mehrere, zumeist traditionelle Häuser wurden von derzeitigen
Künstlern zu Kunstinstallationen umgewandelt. Oft unter Einbeziehung
lokaler Geschichte. Relativ neu unter den Projekten ist das Ando
Museum.
Von außen ein schlichtes Holzhaus im traditionellen Stil,
entfaltet sich im Inneren und in die Tiefe gehend die erwartete
schlichte Sichtbeton-Architektur. Das Museum ist klein, neben den
Projekten für Naoshima sind auch ein paar andere Projekte, unter
anderem eine Kirche und ein Reihenhaus in Osaka, ausgestellt.
Die anderen Installationen in Honmura
haben wir uns dann nicht angesehen, uns zog es zur Benesse Art Site.
Dabei soll unter anderem James Turrells Lichtinstallation in
Minami-dera ganz toll sein.
Aber wir waren vor allem auf das Chichu
Art Museum gespannt, und da sind wir dann auch als erstes
hingefahren. Zuerst mit dem lokalen Bus bis zum Tor der Benesse Art
Site, dann mit dem Benesse Bus weiter. Der ist übrigens kostenlos zu
nutzen. Das Chichu Art Museum ist von den derzeit drei Museen vom
Eingang aus das letzte und auch das am höchsten gelegene. Was wir
nicht wussten, trotz Studiums der Website, war die Sache mit der
Reservierung der Zeiten, an denen man Tickets kaufen kann. Wurde
anscheinend letztes Jahr eingeführt. War dann aber kein Problem.
Anscheinend ist zwar sonst im Land zur Kirschblütenzeit viel los,
aber auf Naoshima war noch nicht Hochsaison. Unser Glück. Es waren
zwar überall nicht wenig Leute, aber Schlange stehen mussten wir
eigentlich nirgends. Und auch unsere Tickets für Chichu bekamen wir
recht schnell. Die übrigens recht teuer sind. Und obwohl die Museen
alle zur Art Site gehören, gibt es unverständlicherweise kein
Kombi-Ticket. Jedes der Museen ist einzeln zu bezahlen. Zumindest für
schnöde Tagesgäste. Für Gäste, die in einem der Häuser des
Benesse House übernachten, gibt es nämlich ganz andere
Möglichkeiten. Leider zählen die Unterkünfte alle zur
Luxuskategorie und waren deshalb nichts für unser Budget. Nett wäre
es nämlich schon gewesen, entweder im Museum oder im Oval oder Park
oder Beach, zumeist mit Meerblick zu nächtigen.
Und auch die Gebäude der Unterkünfte
sind ebenso wie die Museen alle Architektur von Tadao Ando. Oder
eigentlich Ando Tadao, da in Japan immer zuerst der Familienname und
dann erst der Vorname genannt wird.
Es war also sehr viel Sichtbeton zu
sehen. Aber was für Sichtbeton. Diese Qualität hat mein leider
inzwischen in Pension gegangener ehemaliger Chef in Österreich jahrelang versucht
zu erreichen und den Kampf leider immer verloren.
Mal abgesehen von
einigen anderen Details. Den mindestens 10m langen, eher noch mehr,
leicht schräg ansteigenden waagrechten Schlitz hätte ich gerne der
Projektstatik zuhause gezeigt. Leider ist fotografieren nicht
erlaubt. Nicht nur, dass man die Kunst nicht fotografieren darf.
Nein, im Chichu Art Museum ist dezidiert auch das Fotografieren der
Architektur nicht erlaubt. Einzige Ausnahme ist im Café das Essen
und die Aussicht, die darf man fotografieren.
Und bei all dem Sabbern über den
Sichtbeton fiel noch kein Wort über das Gebäude selbst. Das es als
solches wahrnehmbar gar nicht gibt. Denn eigentlich ist das Chichu
Art Museum eine Folge von unterschiedlich geometrischen Räumen, die
in den Berg eingegraben sind. Mit natürlichem Licht, das die Räume
durch wiederum unterschiedlich geformte Höfe erhalten. Und
Oberlichter. Das Dach ist begrünt, so dass von oben wirklich nur die
Höfe und Oberlichter wahrnehmbar sind.
Die Räume sind genau auf die Kunst der
drei ausgestellten Künstler zugeschnitten. Besonders groß ist das
Museum also nicht. Aber sehenswert. Ein Raum enthält fünf von
Monets Seerosenbildern. Sonst nichts. Durch das gedämpfte Licht des
Oberlichts hat der Raum eine ganz eigene Stimmung. Eine kleinere
Abfolge von Räumen ist Lichtinstallationen von James Turrell
gewidmet. Und ein großer Saal ist genau auf ein paar Skulpturen von
Walter de Maria zugeschnitten. Von dem wir zugegebenermaßen vorher
noch nichts gehört hatten.
Das zweite Museum, das Lee Ufan Museum,
haben wir uns nur von außen angesehen. Die paar wenigen Fotos, die
einen Eindruck von der Architektur und von der Qualität des
Sichtbeton übermitteln können, haben wir dort gemacht.
Bliebe noch das Benesse House. Und die
über das Gelände verteilten Skulpturen und Installationen.
Das 1992 eröffnete Benesse House war
das erste Museum auf der Insel und zeigt neben der Dauerausstellung
ortsbezogen geschaffene Werke. Da waren tolle Sachen dabei. Zum
Beispiel eine Installation von Louise Nevelson aus der Serie Night
Totality von 1974. Die mir bekannt vorkam. Kurze Recherche bei den
Handyfotos ergab, dass wir letztes Jahr in der Londoner Tate Modern
eine ähnliche Skulptur aus der Serie gesehen hatten.
Die am Gelände und vor allem am Strand
verteilten Skulpturen sind auch sehenswert. In der Nähe des
Beach-Komplexes nahe des Tores stehen ein paar Skulpturen von Niki de
Saint Phalle. Und auf einem Steg einer der beiden getupften Kürbisse
von Yayoi Kusama. Der gelbe mit den schwarzen Tupfen, der inzwischen
zum Markenzeichen von Naoshima avanciert ist.
Und mit dem roten mit
schwarzen Punkten gleich beim Fähranleger in Miyanoura der Grund
ist, warum die lokalen Busse und auch die Fähre nach Uno so lustige
bunte Tupfen haben. Der Kürbis am Steg der Benesse Art Site ist
relativ klein, gerade mal mannhoch. Der beim Fähranleger ist
vielleicht ein bisschen höher, aber auch von größerem Umfang. Und
innen hohl. Einige der Punkte sind als Löcher ausgeschnitten, und es
gibt ein großes Zustiegsloch. Und dieser Kürbis ist dann auch die
Attraktion. Nicht nur die Kinder haben Spaß mit lustige Fotos machen
🙂
Yayoi Kusama hat seit einiger Zeit auch
ein eigenes kleines Museum in Tokyo. Das wir leider nicht besichtigen
werden, da die Anmeldezeit 2 (!) Monate im Voraus ist und wir das zu
spät gesehen haben
Heike