Wir sind unterwegs nach Kyoto. Und
machen unsere erste Erfahrung mit dem japanischen Bahnsystem und mit
dem Shinkansen. Erster Eindruck schon mal sehr gut.
Da wir uns zwischen den verschiedenen
Orten hauptsächlich per Zug fortbewegen wollen, und das
Schnellzugsystem in Japan hervorragend ist, war der Japan-Rail-Pass
die beste Option. Den kann man derzeit nur als Ausländer und nur im
Ausland beantragen. Man bekommt einen Voucher zugeschickt, den man
dann in einem Japan-Rail-Büro in Japan einlöst und das Ganze unter
Vorlage des Reisepasses aktiviert. Und das haben wir dann auch gleich
am ersten Tag abends gemacht, einschließlich tätigen einiger
Platzreservierungen. Praktischerweise ist Tokio Station, also der
eine Bahnhof, der der Hauptbahnhof für die Shinkansen ist, gleich in
der Nähe unseres Hotels. Also konnten wir das am Heimweg erledigen.
Und haben dann heute morgen nach dem
Frühstück und auschecken ganz gemütlich unsere Koffer die
Viertelstunde durch die Sonntag Morgen doch recht ruhigen Straßen
des Geschäftsviertels gerollt. Mit genügend Zeitpuffer, falls wir
uns in dem riesigen Bahnhof nicht gleich zurechtfinden. Schließlich
sind wir weder der Sprache noch einer der drei Schriften mächtig.
Ist aber eh alles gut angeschrieben, auch in Englisch. Allerdings
sollte man auch die Zugbezeichnung wissen. Die stand blöderweise auf
der Reservierung nicht drauf, und die schlaue App konnte uns auch nur
den Bahnsteig sagen. Den man aber erst findet, wenn man die
Zugbezeichnung weiß und durch die richtige Kontrollsperre gegangen
ist. Hatten wir aber schnell, ab dann alles kein Thema. Und, absolut
genial, am Bahnsteig sind genau die Türabschnitte mit den Nummern
der Wagons angezeichnet. Und auf den Absperrungen Übersichten mit
den Abteilen und der genauen Aufteilung der Sitze. Man sieht also
gleich, zu welcher Seite des Wagons und wo genau man hin muss. Selbst
die Fahrtrichtung ist durch einen Pfeil gekennzeichnet.
Apropos Absperrungen. Die gibt es an
jedem Bahnsteig, selbst in der hier als Metro bezeichneten U-Bahn.
Brüstungshoch. Und die Schiebetore gehen erst auf, wenn der Zug an
exakt der angezeichneten Stelle angehalten hat und auch die Zugtüren
aufgehen. Vor allem das exakte Anhalten ist immer wieder ein Grund
des Staunens.
Auch der Shinkansen schafft es, auf den
Zentimeter genau an der angezeichneten Stelle zu halten. Nachdem die
ankommenden Passagiere ausgestiegen waren, durften wir aber noch
nicht einsteigen. Da Endstation und somit der Zug ab Tokio wieder in
die Richtung fuhr, aus der er gerade gekommen war, ist erst mal
Service-Personal eingestiegen, zum Reinigen und austauschen der
weißen Tücher im Kopfbereich des Sitzes. Und auch zum Umdrehen der
Sitze wiederum in Fahrtrichtung. Das ist genial, durch Tritt auf ein
Pedal lässt sich die ganze Sitzbank mit zwei bzw. drei Sitzen um 180
Grad schwenken.
Wir sind derweil draußen brav in dem
am Boden für das Anstehen in der Schlange gekennzeichneten Bereich
gestanden, bis das Ok fürs Einsteigen kam. Null Gedrängel.
Da der Zug ziemlich ausreserviert war,
haben wir leider nur Mittelsitze in hintereinanderliegenden Reihen
ergattert. Und leider nicht auf der Seite mit Fuji-Blick. Überhaupt
ist das mit dem Ausblick aus dem Zug nicht ganz so toll, die Fenster
sind nicht wie bei uns gewohnt mehr oder weniger Panoramafenster,
sondern im Gegenteil recht klein und erinnern vom Design eher an
Fenster eines Flugzeugs, einschließlich Rollo. Ein bisschen größer
sind sie immerhin. Wenn dann jedoch die Sitznachbarin am Fenster das
Rollo fast ganz runterzieht, ist es vorbei mit dem Ausblick. Einen
Blick auf den Mount Fuji konnten wir dann aber doch über den Gang
hinweg erhaschen.
Aber ganz am Anfang stand erstmal das
Gepäck in die Überkopf-Ablagen hieven. Damit hatte ich nun nicht
gerechnet. Vom ICE und den diversen Railjets gewohnt, hatte ich
eigene Bereiche für das Gepäck in Türnähe erwartet. Die gibt es
nicht wirklich. Theoretisch könnte man zwar laut Beschriftung das
Gepäck vor die erste Sitzreihe stellen. Dann haben die in der ersten
Sitzreihe, je nach Ausrichtung der Sitzreihe, aber keinen Fußraum
mehr. Macht man natürlich nicht. Blöd dann nur, wenn man eingedenk
der Mitbringsel den extragroßen Koffer mitgenommen hat. Im Moment
ist er ja noch relativ leicht (16kg sagte die Waage am Flughafen),
aber das wird sich mit Fortschreiten der Reise noch ändern. Und auch
16kg lassen sich mal nicht eben so leicht auf Überkopfhöhe hieven.
Das wird noch ein Spaß werden 😉
Das sind aber die einzigen zwei Punkte,
die man bemängeln kann an der bisherigen Performance. In Sachen
Pünktlichkeit ist der Shinkansen sowieso unschlagbar. Da sollten
sich ÖBB und Deutsche Bahn mal ein Beispiel nehmen. Gerade die DB
ist ja für ihre enormen Verspätungen beim ICE bekannt. In Japan
gibt es Entschuldigungen, wenn der Zug nur 1 Minute Verspätung hat,
was so gut wie nie vorkommt.
Und dank des eigenen Schienennetzes für
die Schnellzüge verdienen sie auch den Namen Schnellzug. Für eine
Strecke von über 1100km braucht der schnellste, der Nozomi, gerade
mal 5 Stunden. Der ist allerdings als einziger nicht im JR-Pass
inkludiert. Aber der Hikari, mit dem wir gefahren sind, ist auch noch
schnell. Für die Strecke von 513,6km nach Kyoto braucht er nicht mal
3 Stunden, genauer 158 Minuten. Beeindruckend.
Heike
Rückt ein bisschen, ich komm mit.